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The Efficiency Trap: Warum Effizienz Unternehmen in die Irre führen kann
Effizient sein, schneller werden, Kosten senken. Das klingt bei den heutigen unsicheren Zeiten nach dem aktuellen Modus Operandi. Doch was, wenn genau dieser Fokus uns langfristig den Blick auf das Wesentliche verstellt?
Bei den Inspiration Days 2025 von SCHOTT, unter dem Motto „Doing the right things. Doing things right“, hat unser Gründer Nico den Raum geöffnet für eine andere Perspektive:
Was, wenn Effizienz, falsch eingesetzt, nicht zur Lösung beiträgt, sondern Innovation systematisch verhindert? Und wie können wir den Effizienzbegriff neu denken – als Hebel, der echten Mehrwert schafft, statt bloß Prozesse zu beschleunigen?

Warum Effizienz Innovation verhindern kann
Effizienz gilt seit Jahrzehnten als Erfolgsrezept. Es steht vermeintlich für Wachstum, Skalierung und Wettbewerbsvorteile.
Doch was, wenn Effizienz heute vor allem eines tut: den Status quo zementieren und uns den Blick auf das wirklich Wichtige verstellt?
Ein treffendes Beispiel: Die effizienteste Kutschenfirma der Welt hat trotzdem nicht das Auto erfunden.
Und das ist nicht einfach daher gesagt, sondern hat sich auch bei anderen bekannten Unternehmen wie Kodak, Nokia oder Yahoo erwiesen.
Um den Kern des Problems zu verstehen, lohnt es sich, drei Begriffe klar zu definieren:
Effizienz = Dinge richtig tun
Produktivität = Mit weniger Aufwand mehr erreichen
Innovation = Die richtigen Dinge (anders) tun
Das Missverständnis beginnt dort, wo Effizienz mit Fortschritt verwechselt wird: Wer nur Bestehendes verbessert, poliert die Vergangenheit – statt die Zukunft aktiv zu gestalten. Daten unterstreichen das Dilemma:
80 % der Automatisierungsbudgets verbessern lediglich die Ausführungsgeschwindigkeit, aber nur 20 % haben Auswirkungen auf Innovation (McKinsey)
Unternehmen, die rein auf Kosteneffizienz setzen, wachsen langfristig um 30 % langsamer (BCG)
Die Efficiency Trap beginnt im Kopf
Die Efficiency Trap beginnt – ganz simpel – in unserem Kopf.
Unser Gehirn besteht aus zwei Hälften und arbeitet in zwei Hauptmodi:
Control Network (Effizienzmodus): fokussiert, regelbasiert, kontrolliert
Default Mode Network (Kreativmodus): assoziativ, spielerisch, vernetzt
Sobald wir unter Druck geraten, effizienter, schneller oder produktiver sein zu müssen, aktiviert unser Gehirn den sogenannten Control Network Mode: Wir arbeiten fokussiert, folgen Regeln, minimieren Risiken. Das ist hilfreich, aber es hat einen Preis.
Denn im Gegenzug wird das Default Mode Network zurückgefahren, der kreative Zustand, in dem wir neue Ideen entwickeln, Zusammenhänge erkennen und Zukunft gestalten können.
Das Problem: Beide können nicht gleichzeitig voll aktiv sein. Wer unter Druck gerät, Effizienz steigern zu müssen, schaltet auf Kontrolle und blockiert Kreativität. Besonders in unsicheren Zeiten greifen wir auf das Bekannte zurück. Dieses Muster beschreibt die Terror Management Theory: In Angst suchen wir Sicherheit im Vertrauten.
Blickt man konkret auf Unternehmensstrukturen wir klar: Wir arbeiten in Systemen ohne Raum für Ambiguität.
Viele Unternehmen haben Strukturen geschaffen, die auf Vorhersehbarkeit optimiert sind: OKRs, KPIs, Forecasts. Doch Kreativität lebt von Ambiguität. Je stärker wir versuchen, die Zukunft zu kontrollieren, desto weniger erfinden wir sie.
Die Efficiency Trap bedeutet also: Wir glauben, durch mehr Effizienz besser vorbereitet zu sein. In Wahrheit schließen wir damit die Tür zur Innovation und machen uns blind für das, was wirklich möglich wäre.
Europa im Produktivitäts-Dilemma
Europa leidet nicht an einem Effizienzproblem – sondern an einem Produktivitätsproblem.
Trotz hoher Ausgaben und Optimierungsinitiativen bleibt das Wachstum zurück. 72 % der Wachstumsdifferenz zwischen EU und USA im Jahr 2023 resultieren laut BCG aus Produktivitätsunterschieden. Während die USA auf neue Technologien und Wachstumsmärkte wie KI setzen, hat Europa seine reifen Industrien weiter optimiert – und dadurch Anschluss verloren.
Ein neues Denken: Innovation, Produktivität, Effizienz – in dieser Reihenfolge
Die entscheidende Frage lautet nicht „Wie können wir es günstiger machen?“, sondern:
„Was ist überhaupt sinnvoll zu tun?“
Ein robustes Framework:
Innovation entscheidet, was es wert ist, getan zu werden.
Produktivität skaliert es.
Effizienz macht es nachhaltig.
Ein zukunftsorientiertes Unternehmen denkt in genau diesen drei Arbeitsmodi und weiß wann es sinn macht zwischen ihnen zu wechseln.
Case Study: Telekom – Innovation, dann Skalierung, dann Effizienz
Die Telekom steht – wie viele große Serviceorganisationen – vor einer doppelten Herausforderung: Kund:innen erwarten immer schnelleren, nahtlosen Service. Gleichzeitig steigen Kosten und Komplexität in den bestehenden Supportstrukturen.
Ein zentraler Insight gab den Ausschlag für einen strategischen Wandel, denn 40 % der EU-Kund:innen bevorzugen Self-Service gegenüber dem Kontakt mit menschlichen Servicekräften.
Gemeinsam mit der Telekom haben wir daraus nicht einfach eine Automatisierungsstrategie abgeleitet – sondern ein durchdachtes Konzept entwickelt, das alle drei Modi miteinander verbindet:
Das Produktivitäts-Paradoxon und GenAI
Ein letztes Konzept in diesem Sinne kommt mit dem Blick auf die Rolle von neuen Technologien und Tools. Es nennt sich das Produktivitäts-Paradoxon:
Neue Technologien steigern nicht automatisch die Produktivität.
Warum? Weil Tools nur dann wirken, wenn auch die Arbeitsweise angepasst wird. Viele Tools sorgen lediglich dafür, dass Arbeit besser nachverfolgt werden kann und nicht, dass die Arbeit selbst wertvoller wird.
GenAI markiert den nächsten großen Technologiesprung.
Doch ihr Potenzial entfaltet sich nur, wenn wir sie klug einsetzen. Der erste Schritt: Teams ins Boot holen, ohne Ängste zu schüren. Statt Pflichtenhefte zu schreiben, lohnt es, einfache Fragen zu stellen:
Was nervt euch an eurer Arbeit?
Welche wiederkehrenden Aufgaben würdet ihr gern einer Maschine überlassen?
So entstehen Experimentierräume, in denen sich Potenziale ohne Vorbehalte erkunden lassen. Wichtig dabei: Beginne mit Use Cases, die keine komplexen, proprietären Daten erfordern. So vermeidet man unnötige Anfangshürden.
Und vor allem: Schaffe jetzt die Grundlage. Viele Unternehmen scheitern nicht an der Technologie, sondern an unstrukturierten, in Silos gefangenen Daten. AI wird kein Chaos im System lösen. Aber mit der richtigen Haltung und solider Datenbasis kann sie die Produktivität erheblich steigern – wenn wir es zulassen.
Beyond Efficiency - Drei Modi für nachhaltiges Wachstum
Wie Unternehmen Innovation, Produktivität und Effizienz gezielt kombinieren – und umsetzen.
Das Whitepaper für die praktische Anwendung.

Danke an David und das SCHOTT-Team für den inspirierenden Dialog und die gemeinsame Bühne beim Inspiration Day.










